21.04.20 | Mangel an der Mietsache wegen von der Regierung verhängten Betriebsschliessung?
Zu dieser von einem Geschäftsmieter gestellten Frage gehen die Meinungen auseinander. Es wird die Meinung vertreten, dass die von den Behörden angeordneten Massnahmen einen Mangel der Mietsache darstellten, welche die vertragsgemässe Benutzung eines Geschäftsraums verunmöglichten. Für diesen Mangel müsse der Vermieter einstehen. Der Mieter habe deshalb, gestützt auf § 1090, Art. 23, ABGB, das Recht, eine Herabsetzung des Mietzinses zu verlangen. Dieser Auffassung wird entgegengehalten, dass es sich nicht um einen Mangel an der Mietsache handle und deshalb der Mietzins in voller Höhe bezahlt werden müsse.
Es geht somit um die Klärung der Frage, ob die Mietsache wegen der behördlich angeordneten Schliessung einen Mangel aufweist, der zu einer Mietzinsreduktion berechtigt. Es kann bereits an dieser Stelle gesagt werden, dass es dazu keine Rechtsprechung gibt und diese Frage nicht mit Gewissheit beantwortet werden kann.
Generell gilt bei einem Mietvertrag Folgendes: Mit dem Abschluss eines Mietvertrages für einen Geschäftsraum überlässt der Vermieter dem Mieter Räumlichkeiten, in denen der Mieter seiner geschäftlichen Tätigkeit nachgehen kann (z. B. Restaurant, Kleidergeschäft, Coiffeursalon, Kosmetikstudio etc.). Das vom Mieter betriebene Geschäft ist nicht Bestandteil des Mietvertrages. Die überlassenen Räumlichkeiten müssen sachlich lediglich zum vorausgesetzten Gebrauch taugen. Muss nun ein Geschäftsbetreiber wegen behördlicher Anordnungen seine geschäftliche Tätigkeit vorübergehend einschränken bzw. aufgeben, ist das nicht auf einen körperlichen, sachbezogenen oder die Funktionalität der Sache betreffenden Mangel zurückzuführen. Der Mangel liegt somit nicht in der Mietsache selbst. Die Rechtsprechung kennt neben dem oben erwähnten körperlichen Mangel an der Mietsache noch die «Störung im vertragsgemässen Gebrauch». Das sind Mängel, die nicht der Mietsache selbst anhaften. Durch die behördliche Anordnung wird der Betrieb des Geschäftes des Mieters gestört, indem er die Mietsache nicht mehr so nutzen kann, wie er will. Der Vermieter hat dabei keinerlei Möglichkeit, die durch das behördliche Verbot bewirkte Störung des Betriebes des Mieters zu beseitigen. Ob aufgrund dieser behördlichen Anordnung, für die der Vermieter nicht verantwortlich ist und die er auch nicht beseitigen kann, eine Störung im Gebrauch des Mietobjektes vorliegt, die zu einer Herabsetzung des Mietzinses berechtigt, lässt sich nicht abschliessend beantworten. Es gibt dazu keine Rechtsprechung.
Wir empfehlen deshalb den Vertragsparteien, das Gespräch miteinander zu suchen und eine einvernehmliche und für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Wir raten auf jeden Fall davon ab, ohne vorgängig mit dem Vermieter eine Lösung gefunden zu haben, den Mietzins nicht zu bezahlen.